„GUTEN MORGÄÄÄÄN!“
Der Urschrei aus den Klumschen Kolonien weckt die aktuellen Topmodel Anwärterinnen unsanft zu Beginn von Woche zwei, nach der ersten Nacht im fancy
Barbie-Loft.
Soulin hat noch böse Erinnerungen an vorherige Staffeln „Ich hatte schon Angst, dass wir zelten müssen.“ Ich gebe zu - die Vorstellung von Heidi Klum auf einer durchgelegenen Isomatte im Berliner Outback, inklusive Dosenravioli und Naturbuschplumsklo, hat schon seinen Charme. Ich plädiere für eine Sonderfolge, bei der es thematisch um Natürlichkeit in höchster Vollendung geht. Den Teil, mit den, aus der Luft abgeworfenen Carepaketen, übernehme ich gern. Ums nackte Überleben kämpfen die Kandidatinnen ja sowieso schon jedes Jahr aufs Neue.
Apropos Kandidatinnen - nach der ersten Episode vom vergangenen Donnerstag, stehen die 25 Favoriten fest. 25? Wer gut aufgepasst hat, erkennt jetzt einen klassischen Continuity Fehler. Denn: es fehlt eine Kandidatin. Die Rede ist von Ricarda (21), Nachwuchs-Model und Teil von Heidi Klums ursprünglicher Top 31. Auf den Pressebildern zum Teaser, welche in Folge zwei geshootet wurden, tauchen bereits nur noch 24 Mädchen auf, obwohl auf Ricardas Kanal ein Foto des ersten Runway Looks zu sehen ist und sie die Show auf offiziellem Weg ohne das obligatorische Foto, nie verlassen hat.
Kandidatin Ricarda verlässt freiwillig die Show
Grundsätzlich war es auch bereits in der Vergangenheit keine Seltenheit, dass Kandidatinnen aus den Folgen geschnitten wurden, wenn sie während den Dreharbeiten, freiwillig die Sendung verließen. Sittenwidrige Verträge, Heimweh, Manipulation, Konkurrenzkampf - nicht jeder hält diesem Druck stand.
Auch in meiner Staffel verließen insgesamt fünf Mädchen freiwillig im Laufe der ersten Wochen, die Sendung.
Der tatsächliche Grund für Ricardas Ausstieg nach gerade mal einer Folge, wurde kürzlich bekannt. "Ich vermisse meine Mama und meinen Hund." Bleibt abzuwarten, ob ihr noch weitere Kandidatinnen frühzeitig folgen werden.
"Einfach ein bisschen mehr Spaß haben." - Catwalk-technik Tipps vom Profi
Interessante Fakten liefert Episode zwei glücklicher Weise trotzdem zu Genüge. Beispielsweise, dass in diesem Jahr die Fähigkeit des Laufens auf hohen Schuhen, im Vergleich zu anderen Staffeln, überdurchschnittlich hoch ist. Sicherlich hängt dies mit dem Catwalkteaching, im Hausflur der Modelunterkunft zusammen. „Von wem lernt es sich besser, als von der Chefin höchstpersönlich?“ Richtig, Heidi ist ja Laufsteg Profi. Das wusste auch schon Karl Lagefeld „Die war nie in Paris, die kennen wir nicht.“ Aber vielleicht ist Heidi auch eher so der theoretische Typ und gut im Vermitteln von Lauf-Techniken ohne mit diesen selbst nachhaltig Erfolg gehabt zu haben. Kleine Kostprobe gefällig?
„Du musst den Arm mitlaufen lassen.“, „Mach die Beine länger“. Ganz klarer Fall, Heidi ist unter die Influencer gegangen und macht Werbung für einen Eingriff, ähnlich jenem von Ex-GNTM Kandidatin Theresia, bei dem sie sich vor drei Jahren ihre Beine um 8,5cm am Oberschenkel verlängern ließ, um auf eine Körpergröße von 177cm zu kommen. Daily Business.
Wie genau man sein Gangbild nachhaltig verändert, beschreibt Frau Klum in etwa so: „Einfach ein bisschen mehr Spaß haben.“ Aha. Das hat enorm weiter geholfen. Ich stelle mir vor, wie Yul in seiner Olympia Vorbereitung einen schlechten Lauf hat und der Trainer ihm sagt „Einfach ein bisschen schneller paddeln.“ Ja Mensch, danke für diesen effektiven und hilfreichen Hinweis. Ich werde meinem Fluglehrer nahelegen, in Zukunft Heidis Lehrmethoden zu adaptieren. „Einfach ein bisschen besser landen.“ Da weiß man dann auch sofort genau, wie man es schafft, seine Leistung nachhaltig zu verbessern. Vielleicht sollte Heidi über YouTube Tutorials nachdenken, jetzt, wo sie den Fuß sowieso schon in der Influencer Tür hat. Den Comedy Teil bringt sie definitiv mit. Noch ein bisschen Tokio Hotel Hintergrundmucke, die Integration dieser hat ja allein in Folge zwei auch ganze vier Mal erfolgreich geklappt, und der Social Media Karriere steht nichts mehr im Wege - was man von den Kandidatinnen, die in Sechsergruppen eingeteilt, mit Starfotograf Rankin die Bushaltestellen-Plakate für die diesjährige GNTM Werbung shooten sollen, nicht gerade behaupten kann.
"Ich werde dir deine Beine brechen."
Schnell entstehen Diskussionen darüber, wie sich die Gruppe nun aufstellen soll. Soulin und Liliana geraten aneinander, da sich Erstere offenbar in den Vordergrund dränge. Soulin fällt es schwer, diese Kritik anzunehmen. „Mein Ehrgeiz wird falsch interpretiert.“. Immer wieder bricht sie in Interviewsituationen in Tränen aus. Abends im Modelloft, setzen sich beide zu einem klärenden Gespräch zusammen, wo Liliana ihre Konkurrentin warnt: „Wenn ich im Interview sehe, dass du mir die Schuld gibst, breche ich Dir die Beine.“
Hach ja, empathische Person.
Alex und Romy werden während des Shootings als „die Besten“ in den Modelolymp erhoben, weshalb ihre Videosequenzen später in den Senungsopener geschnitten werden sollen. Die Model-Muddi stellt fest „Beim ersten Shooting weiß man immer schon, wo die Reise hingeht. Die Schläfrigen werden meistens auch bis zum Ende nicht mehr wach.“ Das könnte ja dann schonmal ein Hinweis auf potenzielle Nicht-Finalistinnen sein. In dieser Folge trifft dies die gehörlose Kandidatin Maria.
Personality? nein danke. - "Find dich da jetzt rein"
Am Entscheidungstag sollen die Model Aspirantinnen Mode der Wiener Designerin Marina Hoermanseder präsentieren. Korsagen aus steifem Leder und Plastik, die an eine Autokarosserie aus einem Science Fiction Film erinnern, welche für einen Besuch im KitKat Club aufgepimpt wurde (von der Bewegungsfreiheit mal ganz abgesehen). Die Galley einer 737-700 ist im Vergleich dazu, ein geräumiger Palast.
Während des Fittings ist Maria unsicher, was den richtigen Sitz ihres Hartschalen-Plastik Oberteils betrifft und fragt bei Hoermanseder nach, ob die Art und Weise, wie sie es trage, richtig sei, da es komisch säße. An dieser Stelle ein Tipp aus eigener Erfahrung an alle angehenden Models: Hört auf, mitzudenken. Niemand will das und keiner kann damit umgehen, wenn wir tatsächlich mal mehr sind, als Kleiderständer auf zwei Beinen. GNTM will Personality? GNTM will Einzigartigkeit? Ja sicher - solange man bei den Kandidatinnen ein bisschen rumbitcht und ansonsten zu allem anderen „Ja“ und „Amen“ sagt. Erst Recht zu einer Designerin. Die fühlt sich sonst nämlich schnell in Ehre und Machtmonopol gekränkt. „Find dich da jetzt rein und zeige strength.“ Sehr gut, da wurde auch gleich nochmal das Motto der dies wöchigen Folge gedropped. Inner Strength, also innere Stärke. Die beweist Maria auf ganzer Linie. Meinen Respekt an diese Frau und ihre Nerven aus Stahl. Immer wieder stellt sie klar, dass es ihr nicht darum ging, dass ihr das Outfit nicht gefalle, sondern sie sich nur vergewissern wollte, „(…) ob das so sitzen soll.“ „Ich hatte ja Lust auf den Look.“ Ihre Erklärung wird eiskalt übergangen. „Ein Model muss tragen, was man ihm anzieht. Ich möchte niemandem ansehen, dass er keine Lust auf den Look hat.“ Klassischer Fall von Egoproblem oder doch nur gut angeeignete Manipulationstechnik?
Das Gespräch wird sabotiert, in dem ein schlechtes Gewissen erzeugt wird. Die Verantwortung für den Fehler (ein schlecht designtes Kleid, das nicht sitzt und unbequem ist) wird nicht übernommen, sondern die Schuld daran, der Gegenseite in die Schuhe geschoben (Maria hat das Kleid nicht richtig getragen und präsentiert und noch die Frechheit besessen, eine Frage zu stellen). Eine Erklärung (sitzt das Kleid denn nun richtig oder nicht) wird verweigert und dafür die eigene Sicht wiederholt. („Als Model muss man anziehen, was einem zugeteilt wird. Gefällt mir nicht, gibt’s nicht!“).
Maria sitzt an diesem Abend am kürzeren Hebel und muss die Show ohne ein Foto verlassen. Prosieben konnte sich vermutlich den Dolmetscher nicht mehr leisten und zwei Folgen Diversity reichen dann auch. Aber wer weiß: vielleicht bricht Liliana Soulin ja doch noch die Beine und Prosieben lässt es wie eine tolle neue Möglichkeit für Reduced Mobility Models aussehen. Wundern, würde mich gar nichts mehr. Was bleibt, ist ein bitterer Beigeschmack, aber ich bleibe dran.
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Tessy (Freitag, 12 Februar 2021 20:34)
Super geschrieben und 1:1 genau meine Gedanken beim Schauen widergespiegelt! Diese Designerin am Ende hat mich am Abend wirklich aggressiv gemacht.
Nici (Freitag, 12 Februar 2021 20:53)
Super Beitrag! Spiegelt mein Empfinden wieder, auch wenn es auf Social Media anders gesehen wird und von Seiten der Designerin leider keine Einsicht gibt.
Lena (Freitag, 12 Februar 2021 21:02)
Du sprichst mir aus der Seele! Genau das habe ich mir auch gedacht, als ich gesehen habe, wie missverständlichMarias Frage aufgenommen wurde.
Nicole (Freitag, 12 Februar 2021 21:14)
Ich hab die Folge gesehen und bei dem Satz , ...dann breche ich dir die Beine ) gingen bei mir auch direkt die Alarmglocken an ... wie kann man sowas ausstrahlen , achja es geht um Einschaltquoten ...
Davon mal ab liebe Jana wieder mega geschrieben ich freu mich auf nächste Woche �
Natha (Freitag, 12 Februar 2021 21:43)
Den Nagel auf den Kopf getroffen! 1a!
Bianca (Freitag, 12 Februar 2021 21:46)
Ich habe mir die Folge mit meiner Tochter zusammen angesehen und wir waren beide deiner Meinung. Statt sich zu freuen dass ein Model fragt ob sie das Kleid richtig an hat, sie einfach platt zu machen, zeugt von nicht existenten Empathie. Die Aktion von Liliana war aller unterste Schublade! Traurig zu sehen was Pro7 so für die Quote zusammen schneidet.
Jana Henning (Freitag, 12 Februar 2021 23:08)
Zu 100% die richtigen Worte gefunden.
Man hat das Gefühl die Models müssen ihre eigene Meinung direkt am Eingang abgeben. Und nun fehlt nur noch Bill als Gastjuror dann ist Tokio Hotel wieder voll integriert ��
Andrea (Freitag, 12 Februar 2021 23:23)
Vielen Dank für diesen tollen Kommentar � ich habe zwischendurch wirklich lachen müssen, aber gleichzeitig ist es schon etwas traurig, was da vor sich geht. Gerade der Umgang mit Maria fand ich persönlich absolut unmöglich und sowas von frech.
Miriam (Samstag, 13 Februar 2021 16:58)
Diese Staffel verspricht einzigartig und anders zu werden und gleichzeitig hat man immer wieder diesen Fremdschämmoment. Hat die Designerin tatsächlich nicht gecheckt, was Maria eigentlich von ihr wollte oder hat sie das echt als persönliche Kritik aufgefasst?
Daria (Samstag, 13 Februar 2021 18:03)
Ganz ganz toll geschrieben!